Die EMC-Richtlinie
Auch
wenn die am 1. Januar 1996 in Kraft getretene CE-Kennzeichnungspflicht
(Konformitätskennzeichen) für selbstgebaute Geräte nicht gilt, müssen
dennoch die EMCBestimmungen (EMC = Elektromagnetische Kompatibilität)
entsprechend dem EMVG (Gesetz über die elektromagnetische
Verträglichkeit) beachtet werden. Die unter das EMVG fallenden Geräte
müssen demnach so beschaffen sein, daß sie keine Störungen verursachen
und nicht zu empfindlich auf Störungen von außen reagieren. Unter den
Begriff Störung fallen viele Erscheinungen wie elektromagnetische Felder
und statische Entladungen, aber auch eine Verunreinigung des
Lichtnetzes in vielfältiger Form.
Das Gesetz
Auch
der Selbstbauer darf ein Gerät nur dann in Betrieb nehmen, wenn es die
gesetzlichen Vorschriften des EMVG erfüllt. Das Bundesamt für Post und
Telekommunikation (BAPT) als kontrollierendes staatliches Organ wird auf
Klagen hin initiativ. Scheint eine Schaltung nicht mit den Richtlinien
konform, kann der Ingebrauchnehmer möglicherweise für den entstandenen
Schaden haftbar gemacht werden.
CE-Kennzeichen
Der Selbstbauer muß keine CE-Kennzeichnung an seinem Gerät anbringen.
Elektor
Die
in Elektor vorgestellten Entwürfe werden im Sinne der EMC-Richtlinien
entwickelt. Bei kritischen Entwürfen wird im Artikel besonders auf die
EMC-Problematik eingegangen. Allerdings ist Elektor weder dazu
verpflichtet noch für Verstöße und deren Folgen aufgrund nach
Elektor-Entwürfen gebauten Geräten verantwortlich. Auf dieser Seite wird
eine Anzahl Maßnahmen beschrieben, wie eine Schaltung die
EMC-Richtlinien erfüllt. Dies besagt aber nicht, daß auch alle Maßnahmen
notwendig sind; nur in bestimmten Fällen sind sie anzuwenden. Auf
andere, schon bekannte Maßnahmen (beispielsweise Abschirmungen bei
Audiogeräten) wird nicht besonders hingewiesen.
Warum EMC?
Längerfristig
ist für den Verbraucher der wichtigste Vorteil der EMC-Richtlinie, daß
alle elektrischen und elektronischen Geräte in Haus und Büro ungestört
nebeneinander funktionieren können.
Emission
Die
wichtigste und klassische Form der EMC-Problematik ist die zu starke
Emission an ungewünschter HF-Energie, die über das Gehäuse und/oder
Kabel abgestrahlt wird. Neben der Begrenzung dieser Emission sollte die
Schaltung nach der EMC-Richtlinie auch keine störende Signale in das
Lichtnetz einspeisen, selbst keine mit niederfrequentem Spektrum.
Immunität
Neu
sind die Bestimmungen bezüglich der Unempfindlichkeit oder Immunität
der Geräte. Innerhalb einer definierten Störumgebung soll das Gerät
fehlerfrei funktionieren. Die Vorschriften sind sehr umfangreich und
erstrecken sich auf fast alle denkbaren Störquellen.
Computer & Co.
Die
EMC-Richtlinie betrifft zuerst und vor allem Computer, computerisierte
Geräte und ihre Peripherie. Nicht nur, daß Computer und Mikroprozessoren
notorische Störquellen darstellen, durch die sequentielle
Befehlsausführung sind sie auch besonders störempfindlich.
EMC-Gehäuseentwurf
Ein
selbstgebautes prozessorgesteuertes Gerät kann nur dann die
EMC-Richtlinie erfüllen, wenn es in ein Metallgehäuse eingebaut ist oder
zumindest eine einteilige metallische L-förmige Bodenfläche/Rückwand
aufweist, auf der alle Kabel zusammengeführt oder gefiltert werden. Sind
auf der Gerätefront Steckverbinder vorhanden, ist ein U-förmiges
Gehäusechassis vorzuziehen. Noch bessere Resultate werden erzielt, wenn
man darüber hinaus einen 2 cm breiten und 1 mm dicken Streifen
Kupferblech über die gesamte Breite an der Rückwand befestigt, den man
in regelmäßigen Abständen mit Kabelschuhen zur Befestigung sämtlicher
Massekabel versieht. Außerdem soll dieser Blechstreifen alle 5 cm
leitend mit der Rückwand verschraubt werden.
Ein
geschlossenes Metallgehäuse ergibt noch bessere Resultate als ein L-
oder U-förmig gebogenes Blech. Man muß aber darauf achten, daß auch die
Verbindungen der Gehäuseteile HF-dicht sind, mit anderen Worten, über
die gesamte Länge der Verbindung in elektrischem Kontakt miteinander
stehen. Alternativ kann man die Verbindungen verschrauben oder mit
leitendem Gummi oder Kontaktfedern versehen. Nichtleitende Farbaufträge
oder eine Oxydlage sind natürlich zu entfernen.
EMC-Netzteilentwurf
Beim
Entwurf eines Netzteils sollte man sowohl immitierte als auch
emittierte Störungen berücksichtigen. Nicht fehlen sollte deshalb ein
Standard-Netzfilter, das über sein Metallgehäuse unmittelbar mit dem
leitenden Gerätegehäuse in Verbindung steht.
Ein
Selbstbau eines Netzfilters ist nicht sinnvoll, da die benötigten
hochwertigen Komponenten nur schwer erhältlich sind. Wenn möglich, ist
ein Netzfilter mit eingebautem (Euro-) Netzstecker, Sicherungshalter und
eventuell Netzschalter einzusetzen. Dadurch sind auch größtenteils die
Bedingungen bezüglich der elektrischen Sicherheit erfüllt. Das Filter
ist primär mit seiner charakteristischen Impedanz abzuschließen,
üblicherweise eine Reihenschaltung aus einem Widerstand (50 Ω/1 W) und
einem Kondensator (10 n/250 V≈, Klasse X2).
Peripherie und Erdung
Alle
Kabel zu peripheren Geräten, Meßsensoren, Steuerrelais und so weiter
werden durch die metallische Gehäusewand oder ein L-Profil geführt. Die
Masseleitungen verbindet man im Innenraum des Gehäuses direkt über kurze
Kabel (<5 cm) mit dem Kupferstreifen. Beim Einsatz von
Buchsen/Steckern muß die Abschirmung an dem rundum abgeschirmten
Steckverbinder angebracht werden.
Im
Prinzip müssen alle nichtabgeschirmten Signalleitungen mit einem Filter
ausgestattet sein, der wenigstens aus einem Ferrit-Ringkern (30 mm) pro
Kabel (oder für alle Signalleitungen gemeinsam) besteht. Dieser
Ringkern kann auch außerhalb des Gehäuses angebracht werden, wie man es
beispielsweise von PC-Monitoren her kennt. Wenn es technisch vertretbar
ist, sollte man am Steckverbinder im Gehäuse einen
150-Ω-Reihenwiderstand und eventuell eine Kapazität nach Masse der
Leitung hinzufügen. Auch kann man fix und fertig erhältliche, aber
teurere T- oder Pi-Filter anbringen. In allen anderen Fällen müssen die
Verbindungen innerhalb des Gehäuses abgeschirmt und die Abschirmung
beidseitig geerdet werden, nämlich auf der Platine und auf dem
Kupfer-Massestreifen an der Gehäuserückwand.
Die
EMC-Massefläche auf der Platine muß so gut wie möglich mit dem
Kupferstreifen verbunden sein, wenn möglich, mit einem flexiblen
Masseband oder einigen parallelen (Band-) Kabeln.
Statische Elektrizität (ESD)
Alle
von außen berührbaren Teile sollten, wenn möglich, aus nichtleitendem,
antistatischem Material gefertigt sein. Alle berührbaren Teile, die
durch die Gehäusewand ragen (Achsen, LEDs ...) müssen galvanisch mit
Masse verbunden sein (bei Klasse-II-Geräten über einen 1-MΩ-Widerstand).
Alle Ein- und Ausgänge, deren Verdrahtung oder Anschlüsse berührbar
sind, müssen einen Masseschild (zum Beispiel ein geerdetes metallisches
Steckergehäuse) besitzen, über den elektrostatische Entladungen
abfließen können. Dies kann am bequemsten durch versenkte Kontakte (z.B.
Sub-D), durch geerdete Metallgehäuse und/oder rundum abschirmende
Kabelhalterungen geschehen.
Netzteile
Ein
Netztransformator sollte an der primären wie an der sekundären Seite
mit einem RCNetzwerk (Snubbernetzwerk) versehen sein.
Gleichrichterbrücken werden ebenfalls mit RC-Netzwerken gefilter t. Der
sekundäre (Spitzen-) Ladestrom im Elko sollte durch den Innenwiderstand
des Trafos und/oder durch externe Reihenwiderstände begrenzt werden.
Dazu verwendet man an der 230-V-Seite Varistoren (350V/2 W) zwischen
Phasen- und Neutralleiter beziehungsweise sowohl zwischen Phase und
Schutzleiter als auch zwischen Neutralleiter und Schutzleiter. Sekundär -
am besten hinter dem Pufferelko - sollte man einen
Transienten-Suppressor einsetzen. Wird das Netzteil in digitalen
Schaltungen gebraucht, kann zur Beschränkung der Emission eine
Gleichtaktspule an der sekundären Trafoseite aufgenommen werden. Bei
Audio-Geräten ist zusätzlich eine Abschirmung zwischen primärer und
sekundärer Trafoseite zu empfehlen, die man über ein kurzes Masseband
mit dem Kupferblechstreifen an der Rückwand verbindet. Das Netzteil muß
vier Perioden Netzausfall und Netzspannungsvariationen im Bereich von
-20 % bis +10 % verkraften können.
Audio-Geräte
Bei
Audio-Entwürfen ist Immunität eine wichtige Voraussetzung für
ordnungsgemäße Funktion. Am besten werden alle Kabel abgeschirmt.
Lautsprecherkabel, bei denen eine Abschirmung nicht möglich ist, sollte
man deshalb mit speziellen, für hohe Ströme geeigneten T- oder
Pi-Filtern ausstatten, die die Baßwiedergabe nicht beeinträchtigen. Ein
solches Filter wird in jede Ader aufgenommen. Die Filter werden als
Durchführungsfilter in die Wand eines Metallgehäuses montiert, das die
Lautsprecheranschlußklemmen des Verstärkers abschirmt.
Niederfrequente Magnetfelder
Abgeschirmte
Kabel im Gehäuse bieten keinen Schutz vor der Einstreuung
niederfrequenter Magnetfelder des Netztrafos. Die Abschirmung wird erst
bei Frequenzen von einigen Kilohertz wirksam. Darum müssen diese Kabel
so dicht wie möglich an den metallischen Gehäusewänden verlegt und
einseitig am Kupferstreifen geerdet werden, um elektrische Felder
abzuleiten. Das Netzteil kann in besonderen Fällen auch in einem
separaten Gehäuse-Abteil (aus Stahl) plaziert werden. Ein spezieller
streuarmer Trafo kann das Streufeld und damit auch den Netzbrumm weiter
reduzieren.
Hochfrequente Magnetfelder
HF-Felder
dürfen nicht ins Innere des (metallischen) Gehäuses eindringen. Für
qualitativ hochwertige Schaltungen kommt deshalb ein Kunststoffgehäuse
nicht in Frage. Alle externen Audiokabel müssen abgeschirmt und die
Abschirmung an der Außenseite des Gehäuses abgeschlossen werden. Auch
hier sind ausschließlich Vollmetall-Steckkontakte einzusetzen. Alle
internen Kabelabschirmungen werden am Kupferstreifen im Gehäuse
angeschlossen. Es ist wichtig, ein Gehäuse mit ausreichender Wandstärke
(>2 mm) zu wählen, da sonst aufgrund des Skineffekts innere und
äußere Felder nur unzureichend voneinander getrennt werden. Der
Durchmesser von Gehäusebohrungen sollte nicht größer als 2 cm sein,
eventuell sollte man größere Ausbrüche mit leitender Gaze abdecken.
Kühlkörper
Kühlkörper
werden an möglichst vielen Stellen HF-geerdet und wenn möglich im
Gehäuse untergebracht. Nichtgeerdete Kühlkörper in Schaltnetzteilen
verursachen mit Sicherheit EMC-Probleme. Eventuell ist ein Masseschirm
zwischen Schalttransistor und Kühlkörper einzusetzen. Die
Gehäuseperforation sollte möglichst kleine Bohrungen aufweisen oder mit
einer leitenden Gaze versehen sein. Übrigens: Auch Ventilatoren gehören
ins Gehäuse.
Kabel
In
Hinblick auf EMC sind Kabel bestens geeignet, um als (Sende- und
Empfangs-) Antennen Störungen in die Welt zu setzen beziehungsweise
einzufangen. Dies gilt ebenso für einfache wie für abgeschirmte Kabel.
Die Abschirmung eines (koaxialen) Kabels muß deshalb rundum Kontakt mit
dem Steckverbinder eingehen. Die Abschirmung kann als Rückstromleiter
fungieren, um eine HF-magnetische Abschirmung zu erreichen. Für die
magnetische Abschirmung im NF-Bereich ist es besser, eine verdrillte
Zweidrahtleitung (twisted pair) mit Abschirmung zu verwenden. Bei einem
Flachbandkabel sollte jede Signalader zwischen zwei Masseadern liegen
und das gesamte Kabel zusätzlich einseitig oder rundum abgeschirmt sein.
Kabel, die Signale mit Frequenzanteilen über 10 kHz führen und nicht im
Gehäuse gefiltert werden können, werden mit einem Ringkern als
Gleichtaktspule versehen.
Einbau
Elektor-Platinen
sind zur Zeit mit Befestigungsbohrungen in der Kupfer-Massefläche
versehen. Mit metallischen Abstands- oder Gewindebolzen wird für eine
gute (HF-) Verbindung zwischen Platine und Erde gesorgt. Kritische
Schaltungen weisen eine besondere Massefläche auf, die beispielsweise
über ein 25-poliges Flachbandkabel mit dem Kupferstreifen verbunden
wird. Diese Art von Platinen benötigt keine weitere Masseverbindung, so
daß die Kupferfläche um die Befestigungsbohrungen entfällt, die
Befestigungsschrauben also isoliert sind.
Quelle:
http://www.elektor.de/service/emv-richtlinien.236763.lynkx
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